Holunder, ich zieh den Hut vor dir

holler

Juli 2018.

Der Sommer ist dabei sich langsam zu verabschieden. Die schwarzen Holunderbeeren sind bereits reif, ich habe sie kürzlich geerntet und zu Sirup und Likör weiterverarbeitet. Ein guter Zeitpunkt, um über einen Strauch, der in unseren Breitengraden doch recht häufig vorkommt, etwas zu reflektieren.

Etwas unscheinbar im Winter: der Holunder.

Eine kurze Rückschau in den Frühling

Es war an einem Nachmittag Ende Mai, ich war gerade dabei Holunderblütensirup abzufüllen. Ich musste nicht weit gehen, nur ein paar Schritte. Denn hinter dem Haus stand der alte Holunderbusch in voller Blütenpracht. Ich zupfte eine Dolde ab und sah mir die vielen kleinen Blüten genauer an. So schön weiß, so rein, so zart, so wohlduftend, irgendwie magisch – ein Symbol für Reinheit, Klarheit und Transformation. Der Holunder (lat. Sambucus nigra aus der Familie der Geißblattgewächse) begleitet mich seit meiner frühesten Kindheit. Am und um den Bauernhof meiner Großeltern kam er in Unmengen wild vor. Jedes Jahr stellte meine Großmutter Holunderblütensirup her und trocknete die Blüten für den Grippetee.

Wohlduftende Holunderblüten, wie sie im Frühsommer vorgefunden werden.

Geschichte und Magisches

Doch was ist aus dem Volksmund über den Holunderstrauch bekannt? Das Wort Holunder leitet sich ab aus dem Althochdeutschen Holuntar (Holun = hohl, heilig, günstig, gnädig und tar = Baum, Strauch). In unseren Breiten nahm der Holunder schon bei Vorfahren und Ahnen eine wichtige Stellung ein. Auch von den Kelten wurde er verehrt, der Holunder galt als „Baum des Lebens und des Todes“. Er symbolisierte die Unendlichkeit des Lebens im Zyklus von Tod und Wiedergeburt: im Winter war der Baum „tot“, im Frühjahr erwachte er zu neuen Leben.  Betrachtet man den Strauch nämlich im Jahresverlauf etwas genauer, so lässt sich diese Feststellung sehr gut nachvollziehen. Der Holunder wurde zudem als Räuchermittel verwendet. Eine weitere keltische Überlieferung besagt, dass man den Holunderstrauch ehren soll, „denn wer ihn nicht aus einem triftigen Grund umhaut bzw. ihn nicht um Verzeihung bittet, wird krank und stirbt sogar“.

Auch die Germanen huldigten dem Holunder. Nicht umsonst lässt sich eine Namensähnlichkeit mit der Mutter- und Hausgöttin Holda (in Grimms Märchen Frau Holle) erkennen, deren Lieblingsstrauch angeblich der Holunder war. Man opferte ihr stets unter dem Holunderbuschen. Und auch die Erdgöttin Freya steht in besonderer Beziehung zum Holunder, sie soll gar „in ihm wohnen“. Ein weiterer Spruch aus dem Volksmund lautet: „Vor dem Holunder muss man den Hut ziehen, weil er dutzende Krankheiten zu heilen vermag.“ Diesen Satz hörte ich auch oftmals von meinem Großvater. Will man dem Holunder aber Äste stutzen, so muss man ihn vorher um Erlaubnis fragen.

Und überhaupt gilt der Holunder als DER Schutzbaum für Haus, Hof und Vieh. Angeblich tritt der Strauch auch als Liebesorakel in Erscheinung, wenn er zur Zeit der Sommersonnenwende in voller Blüte steht.

Im Spätsommer ist der Holunder mit schwarzen Beeren bestückt.

Der Holunder gilt zudem als sogenannte „Transformationspflanze“. Er verbindet nämlich Leben und Tod und alles was dazwischen liegt– im Frühling blüht er weiß, im Herbst trägt er dunkle Früchte, im Winter ist er komplett kahl. Der Lebensbaum ist gleichzeitig auch Totenbaum, er begleitete früher die Menschen auf ihrem letzten Weg. Es wurden Holunderzweige auf den Verstorbenen gelegt und auch der Sarg wurde mit einem Holunderstock „gemessen“.

Heilkräftiges

Verwendet werden hauptsächlich seine Blüten, um im Frühling daraus Sirup und Tee herzustellen. Aber auch seine dunklen Beeren, die er im Herbst trägt, können zu Säften, Marmeladen oder Likören verarbeitet werden. Sie verfügen über einen hohen Vitamin- und Mineralstoffgehalt. Heilkräftig ist grundsätzlich  jedoch der ganze Strauch inklusive Blätter vor und nach der Blüte sowie auch Rinde und Wurzeln. Aber wie bereits erwähnt: man soll ihn nicht einfach grundlos ausgraben und mutwillig zerstören!

Der Holunder vermag unser Immunsystem zu stärken, sowohl vorbeugend als auch akut. Er wird daher gern für Tees bei grippalen Infekten eingesetzt, da er schweißfördernd wirkt. Außerdem stärkt er Niere und Magen – sozusagen eine allseits zu verwendende Heilpflanze. Des Weiteren wirkt der Holunder blutreinigend, schweißtreibend, nieren- und blasenwirksam, hustenlindernd, stuhlfördernd.

3 Rezept-Klassiker: Blütenessig, Blütensirup & Beerensaft

Holunderblütenessig (Frühsommer):

Man nehme:

  • Apfelessig naturtrüb (am besten von einer regionalen Quelle des Vertrauens😊)
  • Holunderblüten (zum Beispiel am Waldrand an einer unbefahrenen Straße)

Die gesammelten Blüten gibt man in ein Einmachglas und übergießt diese mit Essig (Achtung: Blüten müssen unbedingt gut bedeckt sein!). Das Gemenge bleibt etwa zwei Wochen stehen, wird täglich geschüttelt und dann abgeseiht sowie in Flaschen abgefüllt. Fertig ist ein wohlschmeckender Kräuteressig, mit dem zum Beispiel Salate verfeinert werden können.

Der Klassiker: Holunderblütensirup im Frühsommer.

Holundenblütensirup (Frühsommer):

Man nehme:

  • rund 30 Stk. Holunderblüten (können auch mehr sein, ich habe dieses Rezept schon mit 50 Stk. probiert)
  • 1,5 kg Sirupzucker
  • 4 l Wasser
  • 3 Zitronen, 2 Orangen (in Scheiben geschnitten)
  • Zitronensäure

Viele Rezepte erscheinen mir persönlich als zu süß, daher habe ich die angegebene Zuckermenge stark reduziert bzw. ersetze diese im besten Fall sogar mit Birkenzucker. Nachdem alle Zutaten entweder in einem Kübel oder einem anderen großen Gefäß vermengt werden, lasse ich diese mit einem Tuch bedeckt für mindestens zwei Tage (bis zu max. fünf Tage) an einem kühlen Ort (idealerweise im Keller) stehen. Danach wird der Inhalt von der Flüssigkeit separiert, aufgekocht und in saubere Glasflaschen (bis ganz zum oberen Rand, damit es gut abdichtet) befüllt. Es ist ratsam, den Saft in den nächsten Wochen und Monaten zu konsumieren, obwohl er im besten Fall ein ganzes Jahr genießbar sein sollte.

Verwendet werden kann dieser Sirup als erfrischendes Getränk, verdünnt mit Wasser oder Soda. Gemeinsam mit ein paar Blättern Minze, Melisse oder Indianernessel bekommt er einen besonders intensiven Geschmack. Auch der bei uns in Österreich so beliebte „Weiße Spritzer“ (in Deutschland „Schorle“ genannt = Weißwein mit Soda) kann mit einem Schuss Holundersirup und ein paar Minzblättern aufgepeppt werden.

Im Spätsommer kann auch aus den Beeren Saft hergestellt werden.

Holunderbeerensaft (Spätsommer/ Frühherbst):

Man nehme:

  • 1 Einkaufs-Korb voll mit reifen Holunderbeeren aus dem Wald
  • 0,5 kg Zucker

Die reifen Holunderbeeren werden nach der Ernte von den Stängeln so gut es geht befreit. Anschließend gibt man sie gemeinsam mit dem Zucker in einen Dampfentsafter. Durch das Aufsteigen des Wasserdampfes setzt sich der wertvolle Beerensaft frei, welcher nährstoffreich und abwehrstärkend wirken soll. Er wird heiß in Glasflaschen abgefüllt (unbedingt bis zum Flaschenrand), wie bereits oben beim Holunderblütensirup beschrieben.

Fazit

Der Holunder erweist sich als ein robuster und vielseitig einsetzbarer Begleiter für uns Menschen: nicht nur für unser Haus, sondern auch für unser körperliches, seelisches und geistiges Wohlbefinden.

 

Herzlichst,

©Petra Plimon aka Yavida

 

 

Quellen ua. Wolf Dieter Storl, Siegrid Hirsch

Petra Plimon

YAvida ist ein Synonym und setzt sich zusammen aus den Worten YA und VIDA. Das kann übersetzt werden als „JA ZUM LEBEN“. Klingt doch schon mal positiv oder!? Hinter dem Synonym verbirgt sich zudem eine sterbliche Person. Diese trägt in ihrem bürgerlichen Leben den Namen Petra Plimon und erblickte im Jahr 1983 in Südkärnten das Licht dieser Welt.


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