Alpakas, Dauerregen und Regenwald
April 2018.
Es geht nicht darum, auf den Sturm zu warten,
sondern darum, im Regen tanzen zu lernen.(Vivian Greene)
Nachdem mein erster Blogpost zum Thema „Allein Reisen durch Westkanada“ durchwegs positive Reaktionen hervorrief, habe ich mich entschlossen mehr von dieser Zeit zu erzählen. Es macht wohl am meisten Sinn, das Ganze chronologisch anzugehen, daher werde ich mit meinem Aufenthalt auf der Alpakafarm „Dashwood Meadows“ auf der Insel Vancouver Island beginnen, wo ich 2011 rund fünf Wochen verbracht habe.
Warum Vancouver Island?
Bereits Monate vor meiner Abreise nach Kanada trat ich mit den Farmern Pavel und Amanda über eine Internetplattform in Kontakt. So konnte ich einen ersten Eindruck gewinnen, was mich auf ihrer Alpakafarm als „Helper“ erwarten würde. „Helpers“ bzw. „Woofers“ sind Personen, die für einen bestimmten Zeitraum (meist ein paar Wochen oder auch Monate) bei Gastfamilien oder Farms unentgeltlich mithelfen und im Gegenzug Essen und Unterkunft kostenfrei erhalten – für mich damals die ideale Möglichkeit Land und Leute hautnah zu erleben und meine englischen Sprachkenntnisse zu verbessern. Ich erfuhr außerdem, dass die Farm „etwas weg vom Schuss“ gelegen war. Genau so einen Platz suchte ich im Grunde. Weiters las ich, dass Vancouver Island als eine der Regionen mit dem mildesten Klima in ganz Kanada sei. Da ich meine Reise Anfang März starten wollte, schien dies der perfekte Ort für mich zu sein.
Die ersten Tage in Kanada
Nachdem ich am 7. März 2011 in Vancouver das erste Mal in meinem Leben kanadischen Boden betreten hatte, entschloss ich mich zunächst noch zwei Tage in der Stadt zu bleiben, bevor es weiter auf die Alpakafarm von Pavel und Amanda nach Vancouver Island gehen sollte. Am dritten Tag reiste ich schließlich mit der Fähre von der Horseshoe Bay/ West Vancouver nach Nanaimo/ Vancouver Island weiter. Die Überfahrt mit „BC Ferries“ dauerte in etwa zwei Stunden. Von der Departure Bay/ Nanaimo ging es schließlich weiter mit einem „Greyhound Bus“, einem öffentlichen Verkehrsmittel, mit dem ich während meiner Zeit in Canada noch des Öfteren unterwegs sein sollte. Der „Greyhound Bus“ war damals so ziemlich die einzige Möglichkeit in Nordamerika, um günstig per Achse von A nach B zu gelangen. In Parksville auf Vancouver Island angekommen wartete Gastmutter Amanda bereits auf mich. Wir hatten im Vorfeld Ankunftszeit und -ort vereinbart, da ich ohne Handy unterwegs war. Damals wäre das für mich zu teuer gewesen.
Ich erinnere mich noch gut, dass ich sehr müde und froh war, endlich auf der Farm „Dashwood Meadows“ angekommen zu sein. Außer mir waren zu diesem Zeitpunkt noch ein Mädchen aus Deutschland und ein weiteres aus China als „Helper“ vor Ort.
Das Leben auf der Farm
Am nächsten Morgen lernte ich endlich die tierischen Bewohner der Farm kennen. Von denen gab es viele, allen voran natürlich die Alpakas. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit diesen Tieren in Berührung kam. Alpakas stammen ursprünglich aus den südamerikanischen Anden und sind mit Lamas verwandt. Ihre hochwertige Wolle ist auch für Allergiker wunderbar verträglich und hat eine besondere thermische Wirkung. Die Alpakas auf „Dashwood Meadows“ waren grundsätzlich zwar eher etwas scheu, aber wenn man sie eingefangen hatte, konnte man mit ihnen allerhand machen, wie zum Beispiel spazieren gehen. Des Weiteren lebten auf der Farm zwei Esel (Serafina und Anneke), ein paar Hühner, zwei Maremma-Schäferhunde (Khema und Samo) sowie ein schwarzer Kater.
Zu den täglichen Hauptaufgaben der „Helpers“ zählte die Versorgung der Tiere, was bedeutete morgens und abends jeweils Alpakas, Esel und Hühner zu füttern sowie Stall und Weide zu säubern. Ansonsten gab es auch einiges im Haushalt sowie im Außenbereich zu erledigen. Wie man sich vorstellen kann, geht auf einer Farm die Arbeit nie aus.
Ein Alpaka ist mir während der Zeit auf „Dashwood Meadows“ besonders ans Herz gewachsen: Miguel! Er war damals noch sehr jung (ich glaube gerade mal ein Jahr alt) und für mich einfach das süßeste, kuscheligste und herzigste Alpaka von allen. Wenn ich an ihn denke, habe ich immer noch seine Stimme im Ohr. Er schmückt übrigens gemeinsam mit mir das Titelbild dieses Beitrags.
Regen, Regen, Regen
Die Wetterverhältnisse während meiner Zeit auf Vancouver Island werden mir wohl immer besonders in Erinnerung bleiben. Wie eingangs erwähnt, entschied ich mich vor allem aufgrund des dort vorherrschenden Klimas für einen Aufenthalt auf der Insel, welches verglichen mit dem Rest Kanadas auch im Winter grundsätzlich milder ist. Schnee lag im März nur mehr auf den umliegenden Bergen. Aber ich kann mich nur zu gut erinnern, dass es beinahe täglich entweder den ganzen Tag, zumindest aber einmal pro Tag KRÄFTIGST regnete. Einen so intensiven und kontinuierlichen Niederschlag wie auf Vancouver Island hatte ich in meinem Leben zuvor nirgendwo anders wahrgenommen.
Nicht gerade ideale Voraussetzungen für eine „Reise“, könnte man sich im ersten Moment vielleicht denken. Zudem lag die Farm einige Auto-Kilometer vom nächsten Ort entfernt. Man kam ohnehin nur zum Einkaufen mit der Gastfamilie dorthin. Daher liegt der Gedanke nahe, dass einem in der Freizeit vielleicht doch etwas langweilig werden könnte!?! Aber irgendwie war es ganz und gar nicht so. Meine deutsche Kollegin, die zu dieser Zeit mit mir auf der Farm war, konnte mir aufgrund ihrer vielen Abenteuer am nordamerikanischen Kontinent einige interessante Reisetipps geben. Ich hatte außerdem Zeit und Ruhe, um nachzudenken: über mein Leben zu Hause … über die Zeit in Kanada, die noch vor mir lag … meine Reiseziele und so weiter. Und Not macht bekanntlich erfinderisch: ich begann zu stricken, denn ich war ja quasi von Alpakawolle umgeben (und irgendwann hatte ich das ja auch mal in der Schule gelernt!) So strickte ich mir einen kuscheligen Schal aus Alpakawolle , der mich die ganze Reise lang bis heim nach Österreich begleiteten sollte. Die Wolle des Schals stammte übrigens von meinem Lieblings-Alpaka Miguel. Nicht zuletzt deshalb hat dieses Stück für mich einen besonderen Wert. Ich trage den Schal auch heute noch oft im Winter zum Schifahren (vor allem dann, wenn es besonders kalt ist).
Zwischendurch gab es auch einen freien Tag auf der Farm, der für Ausflüge in die Umgebung genutzt werden konnte. Gemeinsam mit Katharina aus Deutschland erkundete ich die „Englishman River Falls“. Auch der Spaziergang entlang der riesigen Douglasien im uralten Regenwald von „Cathedral Grove“ (die Bäume sind teilweise bis zu 800 Jahre alt) war ein beeindruckendes Erlebnis. Nach etwa fünf Wochen endete mein Aufenthalt auf „Dashwood Meadows“ schließlich und meine Reise ging weiter nach Port Alberni zur Biogärtnerei „Eden Tree“ von Heather Shobe. Dazu mehr in einem meiner nächsten Blogbeiträge.
Herzlichst,
©Petra Plimon aka Yavida